2 Vorderlader .44 Pistolen werden aufgefrischt

Daran wird noch gearbeitet 20.1.2016

Zwei Vorderlader

 

Diese zwei Vorderlader wurden mir vor einigen Jahren als Naturalgabe für beherzte Bastler übergeben. So auf dem Doppelfoto gesehen ist der wirkliche Zustand der der zwei Pistolen kaum sichtbar. Es sind zwei Replikate die aus spanischen Bausätzen zusammengebaut wurden. Eine erste Betrachtung ergab, dass der Erbauer wahrscheinlich nur den schnellen Zusammenbau und den ersten Schuss als Ziel sah. Zusammenstecken und Schrauben, ohne Liebe zum Detail und ohne feine Oberflächenbearbeitung wie entgraten, feilen, schleifen, polieren und nicht zu vergessen das Schmieren. Die zusammengesetzten Fabrikteile bewältigen kaum befriedigend ihre technische Aufgabe. Den Spuren nach wurde damit zwar geschossen, aber hinterher nicht Schwarzpulver-gerecht gereinigt.

Bevor ich aufwändige Verschönerungsarbeiten tätige, wollte ich den zwei Objekten auch eine Funktionsprüfung durchführen, um zu prüfen ob sie ihre vorgesehene Pflicht wenigstens erfüllen und einen Kontrollschuss tun. Nach Lauf-leer und Zündwegkontrolle habe ich dann einen zarten Schuss geladen und nach einem harten Kampf mit dem Abzug auch abdrücken können. Auf 25m gab es meistens gerade noch Scheibentreffer. Die Lange trifft etwas besser als die Kurze, aber sie "bummsen" beide.

 

 Die grosse Demontage:
Betrachtet man die Messingteile, sind die eigentlich nur stumpf und an den Messing-Abzugsbügel sind noch viele Stellen unverputzt und messerscharfe Gräte plagen die Finger. Die Läufe sind aus 8-kantigem Profilstahl gearbeitet und nicht Oberflächenveredelt und es hat überall Rostflecken. Die Abzugteile sind roh, rostig, und narbig. So ist auch die Kraftübergabe an das Schloss rostig und murkst.

Für jede Pistole mache ich eine eigene Teileschachtel, damit keine Verwechslung der teilweise fast identischen Schrauben und Teile passiert. Fast alles ohne Problem, die Ausnahme bildet das Piston am kurzen Lauf. Der Kurzlauf hat ausgerechnet auf der promi-nentesten oberen Fläche viele Hammereinschläge. Das Piston sitzt fest wie eingeschweisst, es gibt grobe Korrosionsstellen und es will sich nicht lösen lassen. Trotz mehr als einer Woche Einwirkungszeit mit Kriechöl, liess sich das Piston immer noch nicht bewegen. Meinen hartnäckig kraftvollen Bemühungen erliegen ein hochwertiges Gabelschlüsseli aus meiner Schreibmaschinenzeit und eine 5er-Nuss die ich mit der Flex aufschlitzte um damit die beiden Schlüsselflächen anpacken zu können. Aber die Backen der Nuss gehen einfach auseinander, als wären sie aus Kaugummi, es blieb nur noch ein Häufchen bröseliger Bruchteile übrig. Ich befasste mich schon damit das Piston mit einem Hartmetallbohrer aus zu bohren. Der rettende Einfall war dann aber, das Piston auf einen 5er 6-Kant umzuformen. Mit Zahntechnik-Schleifern fräste ich freihändig am fest sitzenden Piston aus dem 2-Kant einen Sechskant. Nun konnte ich ihn mit einer 5er Nuss packen und mit sehr vorsichtigem Kraftaufwand tatsächlich lösen und sanft und ganz heraus-schrauben. Es gibt nun mindestens ein Piston mit 5mm Sechskant. Nun war der Kurzlauf bereit, dass auch die obere, prominenteste Lauffläche bearbeitet werden konnte.
Oberflächen Pflege: Zuerst wird an der rotierenden Stahlbürste der Lauf oberflächlich sauber und rostfrei gemacht, dann entfetten und die acht Flächen fein schleifen und nochmals an der Nickelbürste vorpolieren. Dann mit feinen Uhrmacher-Feilen und flach geklebtem Micron Schleifpapier die Oberfläche dem Ziel polierbereit, glatt fein schleifen.  Zum Schluss an der Schwabbelscheibe mit Stahlpolitur aufpolieren, bis silberweiss glänzend. Weitgehend bleiben nur die groben Schlagdellen auf der oberen Fläche des Kurzlaufes störend sichtbar.

Der Holzgriff beim Kurzlauf war verschrammt und pfui dunkelbraun-rot. Also mit der Hartmetallklinge die Farb-Lack-Oberfläche weg kratzen. Alles kommt kraftschonend herunter, nur die Rote Beize will nicht überall ganz aus dem Holz verschwinden.

Es gibt einfach tief eingezogene rotflecken. Mit etwas nachschleifen wird das zwar besser, aber nicht homogen hell. Also reibe ich wieder etwas rot (rote Filzstifttropfen in Aceton) ins Holz ein  so verschwinden die roten und die weissen Flecken grösstenteils. Das Griffholz wird zuletzt mit Danish Oil mehrfach eingerieben.
Thermisch brünieren von Eisen- und Stahlteilen.
Das wird wird nicht Mattschwarz sondern es gibt dunkle Farbtöne mit Seidenglanz. Die beiden Abzugseinheiten, Korn und Visier aus Stahl, diverse Schrauben und die beiden Läufe waren nun an den sichtbaren Stellen silberweiss glänzend aufpoliert, das heisst nicht immer perfekt glatt, es bleiben da und dort Kratzer oder Scharten, man kann ja nicht schleifen bis nix mehr da ist, aber glänzend poliert soll es sein. Dann mit Aceton oder ähnlichem entfetten. Was folgt ist, das was sich alte Waffen gewöhnt waren. Vor dem Heizen muss alles bereit stehen. Ein geeignetes Kühlgefäss mit dem Kühlöl gefüllt. Man muss jedes Teil ganz versenken können. In meinem Fall ist das durch stehen lassen gereinigtes Getriebeöl. Die Teile werden einzeln an der weichen Gasflamme sanft aufgeheizt bis die gewünschte Anlauffarbe (200°-300°)auf der Oberfläche langsam auftaucht eigentlich muss man sich ganz vorsichtig an die gewünschte Temperatur heran tasten. Überwiegend an den dicksten stellen heizen und immer mit der Flamme wandern. Wenn dann goldgelb einfährt ist man schnell weiter als man wollte. Vor dem Erscheinen der gewünschten Farbe mit heizen reduzieren, sonst ist es dann schnell zu spät, die gewünschte Farbe ist vorüber und es folg schnell grau. Nun ist es zu spät, bei federharten Teilen kann so auch die Härtung verloren gehen. Wenn die Farbe passt, ab ins Öl, ganz versenken, und immer etwas bewegen, bis es nicht mehr brodelt. Ist es aber geglückt, hat man eine feine gefärbte Oberfläche, die Dellen sind zwar nicht  beseitigt, werden aber weitgehend unscheinbar. Die Oberfläche ist dann Wasser abweisend und schützt vor Rost. Sie kann jederzeit mit öl nachgerieben werden. Die durch temperatur unterschiede entstehenden Farbnuoncen wirken einfach schön, bei einem "alten" Gerät. Nun entspricht das Aussehen der beiden Pistolen schon eher einem Schwarzpulver Oldtimer.
Der Schusstest muss aber noch bis zur Offensaison im Frühling warten.

Tipp: Einen Hartmetallbohrer: kann man sich zur Not aus einem billigen Steinbohrer vom Baumarkt machen. Mit einer Diamantscheibe an einem Handfräser wird die eingelötete Hartmetall-Schneide  vorne und auf den Seiten scharf geschliffen. Und wenn es dann beim Bohren doch knackt ist kein grosser Schaden entstanden. Mit solchen Bohrern bohrt man auf der Ständerbohrmaschine auch locker ein sauberes Loch durch eine harte Feile, oder durch gehärteten Federstahl, mit Pinsel-Kühlschmierung geht das ohne blau-schwarze Ränder am Werkstück.

 



Vorderlader Langlauf

Vorderlader Kurzlauf